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14 juillet 2010

EU-Pässe für Moldau/Spiegel online

Rumäniens Staatschef will sein Volk mehren - und setzt auf seltsame Methoden. Großzügig werden Pässe an Hunderttausende verarmte Moldauer verteilt. Die nehmen das Angebot aus dem EU-Staat dankend an: In Scharen strömen sie in Richtung Westeuropa, um dort als Billiglöhner zu schuften.

Die neuen Beitrittskandidaten der Europäischen Union stehen früh auf. Noch vor dem Morgengrauen versammeln sich Hunderte meist junger Moldauer vor dem rumänischen Konsulat in Chisinau, Hauptstadt der Republik Moldau, dem ärmsten Staat Europas. Denis Rotari, ein gelernter Fliesenleger mit hellblauem T-Shirt und Drachentattoo am Ellenbogen, hat die Liebe hierher geführt. "Ich brauche Geld für die Hochzeit", sagt der 21-Jährige. Wie alle in der Schlange beantragt er einen rumänischen Pass. Denn der verheißt Hoffnung auf Arbeit als Tagelöhner irgendwo zwischen Rom und Lissabon. Schon jetzt haben knapp eine Million Moldauer ihrer Heimat, deren Wirtschaftsleistung pro Kopf gerade einmal die des Sudan erreicht, den Rücken gekehrt. Sie verdingen sich als Gastarbeiter im Ausland, meist illegal. Rund 120.000 der 3,6 Millionen Einwohner verfügen bereits über Pässe des Nachbarlands, mehr als 800.000 warten laut rumänischer Regierung auf die Genehmigung bereits gestellter Anträge. Um des Ansturms Herr zu werden, eröffnete Rumäniens Außenminister am vergangenen Freitag zwei neue Konsulate in den Provinzstädten Balti und Cahul - auf Kosten der EU. Das Kalkül dahinter: Rumäniens national-patriotisch gesinnter Präsident Traian Basescu will die Schar seiner Untertanen mehren und sagte zu, die Zahl der Einbürgerungen noch in diesem Jahr auf 10.000 pro Monat zu erhöhen. So kommt in der erweiterungsmüden EU ohne jedes Referendum, ohne die Zustimmung von Brüssel, Berlin oder Paris eine schleichende Ost-Erweiterung in Gang. Die Moldauer stimmen mit den Füßen ab und marschieren durch den Hintereingang in die EU, ins Wirtschafsparadies.

Warum der Präsident von "Großrumänien" träumt

Seit in Chisinau die "Allianz für Europäische Integration" die pro-russischen Kommunisten 2009 von der Macht verdrängte, forciert Rumänien seine Einbürgerungsoffensive für das kleine Nachbarland. Bukarest sponsert Beamten aus Moldaus Außenministerium Kurse zur "euro-atlantischen Integration" und zahlt Übersetzungen von EU-Gesetzen. Obwohl selbst von der Wirtschaftskrise schwer getroffen, gewährte Rumänien dem Nachbarn im vergangenen Jahr großzügig Kredit. Der Stacheldraht an der Grenze wurde demontiert, und seit Herbst können Bewohner eines 30 Kilometer breiten Grenzstreifens Rumänien sogar ganz ohne Visum bereisen.

Rumänen und Moldauer lebten zwar in verschiedenen Staaten, "doch wir sind ein Volk, und dieses Volk hat ein Recht auf seine Einheit und eine gemeinsame Zukunft", konstatierte Rumäniens Staatschef Basescu. Er träumt von "Romania Mare", einer Auferstehung "Großrumäniens" in den Grenzen von 1940, unter Einschluss von Moldau. Das damalige Bessarabien war 1940 infolge des deutsch-russischen Nichtangriffs-Pakts an Moskau gefallen. Nach dem Ende der Sowjetunion erkannte Rumänien zwar 1991 als erstes Land die Unabhängigkeit Moldaus an, ziert sich aber bis heute, die von "Hitler und Stalin gezogene Grenze" am Grenzfluss Pruth zu akzeptieren.

Moldaus neue Führung ist den rumänischen Avancen nicht abgeneigt. 9 von 53 Abgeordneten der Regierungskoalition nennen einen rumänischen Zweit-Pass ihr Eigen, elf weitere haben ihn beantragt. Mit Mihai Ghimpu, dem kommissarischem Präsidenten, steht zudem ein Unionist an der Spitze des Staates. Auch Dorin Chirtoaca, Bürgermeister Chisinaus und Ghimpus Neffe, sagt: "Rumänen und Moldauer sind eng verbunden, wie Deutsche und Bayern." Die Idee nationaler Eigenständigkeit sei "eine Illusion der Sowjetmacht".

Endgültig freie Fahrt in die EU - mit rumänischem Pass

Freilich erscheint die Vereinigung mit Rumänien, dem nach Bulgarien zweitärmsten Land der EU, der Mehrheit der Bevölkerung Moldaus wenig attraktiv. Laut Umfragen wollen zwei Drittel in die EU, aber nur zwei Prozent sehen sich selbst als Rumänen. Auch der Fliesenleger Denis sagt vor dem rumänischen Konsulat: "Mit dem Pass will ich nur weiter nach Westen. Rumänien schert mich nicht." Sein Cousin arbeitet bereits in Madrid in einem Schlachthof. Wenn Rumänien im März der Schengenzone beitritt, haben die Hunderttausenden Moldauer mit rumänischen Pässen dann endgültig freie Fahrt in die EU.

Inzwischen ist man auch in Brüssel auf den Migrantenstrom aufmerksam geworden. Rechtspopulisten machen sich daran, die Vorgänge für sich auszuschlachten. Andreas Mölzer, EU-Parlamentarier der rechtspopulistischen FPÖ aus Österreich, bat die EU-Kommission um eine Stellungnahme, wie sie das Treiben der Rumänen zu stoppen gedenke.

Und auch hierzulande machen sich Politiker Gedanken. "Für Deutschland besteht dennoch kein Anlass zur Sorge", erklärt der CDU-Bundestagsabgeordnete und Moldau-Kenner Manfred Grund. "Die meisten zieht es nur nach Italien und Spanien."

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