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14 juillet 2007

"Hier ist nicht 2007. Hier ist 1943"

Staffage für Stauffenberg: Wie ich für Tom Cruise zum Nazi-Soldaten wurde - und niemand mich fragte, ob ich vielleicht tatsächlich ein Nazi bin.

Für manchen Politiker und Journalisten ist der Stauffenberg-Film ein Skandal, weil ein Scientologe darin die Hauptrolle spielt. Für die Mitarbeiter einer Casting-Agentur aus Charlottenburg ist es ein Job wie jeder andere. Seit ein paar Wochen rekrutieren sie in einem Büro mit unverputzten Wänden und weiß lackierten Tischen Soldaten für den neuen Film von Tom Cruise. "Wir suchen ausschließlich Soldaten der einen Armee. Du weißt schon welcher ...", heißt es in einer Email der Agentur, die mir eine Freundin vor ein paar Tagen weiterleitete. Die eine Armee, das ist natürlich nicht irgendeine, sondern die Wehrmacht der Nazis. 5000 Statisten sucht die Agentur angeblich für ihre Kartei. Voraussetzungen: Mitteleuropäisches Aussehen, helle Haut, Bereitschaft zu Kurzhaarschnitt und militärischem Training. Von politischer Gesinnung ist in der Email keine Rede. Dass ein Nazi-Casting ziemlich daneben gehen kann, wenn man seine Statisten nicht genau unter die Lupe nimmt, zeigte das Hitler-Großprojekt "Der Untergang". Denn pünktlich zum Start des Filmes vor drei Jahren landete der NPD-Politiker Karl Richter den großen Coup seiner Karriere. In einem süffisanten Aufsatz (Titel: "Mit dem Führer in Halle 12") enthüllte der Neonazi, er habe im "Untergang" den Adjutanten von Keitel gespielt. Dem Mann vom Casting habe seine schnittige Frisur so gut gefallen, dass er ihm die Rolle gegeben habe, schrieb Richter. Auch meine Frisur kommt in der Agentur gut an. Der Scheitel sei prima, man müsse nur an den Seiten noch ein bisschen nachrasieren, sagt Nella, eine etwa 30-Jährige in einem weißen Kostüm, die die Bewerber am Eingang erwartet. Aber "ja nicht zum Frisör gehen, das machen wir", mahnt sie und reicht mir ein Formular. Die Agentur will viel wissen von ihren zukünftigen Soldaten. Ob ich Aktfotos von mir machen lassen würde? Ob ich ein Fahrrad habe? Ob ich einen Anzug oder einen Smoking besitze oder gar eine Uniform? Eine Uniform? Ob das häufiger vorkomme, dass einer seine eigene Wehrmachtsuniform mitbringe, frage ich. "Eher selten", murmelt Nella abwesend. (TAZ-Von FABIAN DIETRICH)

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